Kirche und Sinnlichkeit? Die wenigsten verbinden das. Dazu ist Sinnlichkeit immer auch mit Erotik verbunden, eine Kombination, die Jahrhundertelang mit "Sünde" verknüpft, ja gleichgesetzt wurde. Dabei ist gerade die katholische Kirche von Sinnlichkeit geprägt. Noch mehr: es sei die These gewagt, dass gerade die Sinnlichkeit eine prägende, herausragende Eigenschaft des Katholizismus ist, auch wenn sie über die Jahrtausende von Gewaltgedanken überdeckt war.
Sinnlichkeit ist gerade eine der zentralen Eigenschaften des Menschseins und die Grundlage für Kommunikation. Hier fällt auf, dass Kommunikation in der Theologie kaum erarbeitet wurde. Es mag die These gestellt sein, dass mit der Konzentration der Theologen auf antike griechische Philosophie als Grundlage zum Verständnis der Welt ein reduziertes Modell des Menschen zur Erklärung des Menschseins bis heute nachwirkt.
Wie dem auch sei. Grundlage dieser Gedankenspiele sind Reflexionen einer Predigt von Papst Benedikt.
„Gott ist sinnlich geworden“
(Christmette 24. Dezember 2007 – Benedikt XVI.)
In seiner Weihnachtspredigt von 2007 betont Benedikt XVI. eindrucksvoll, dass das Weihnachtsevangelium nicht nur eine geistige Idee, sondern eine leiblich erfahrbare Realität beschreibt:
- „Im Stall zu Bethlehem berühren sich Himmel und Erde.“ Der Gott, der über alle Welt thront, senkt sich herab in die Armut eines Kindes in einer Krippe – ein sichtbares Zeichen der Inkarnation .
- „Gott wird wirklich zum Kind und macht sich der menschlichen Liebe anheimgegeben.“ Er wird verletzlich, abhängig, klein – wahrlich sinnlich erfahrbar.
- Der Schöpfer aller Dinge wird „klein genug, um in eine Krippe zu passen“ – er will berührt, erkannt und geliebt werden, nicht überwältigen.
- In dieser Demut und Verletzlichkeit wird Gottes Liebe sichtbar – und fordert den Menschen zur taktilem Begegnung: Gott lädt ein zur Berührung, zum Erkennen des Göttlichen im Leiblichen.
Benedikts Darstellungen spielen mehrfach auf Johannes 1,14 („Das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns“) an und interpretieren das Weihnachtselement als verkörperte Offenbarung: theologisches Denken trifft das sinnlich Erfahrbare.
Das leitet zur These weiter: "Jesus Christus war sinnlich“
- Jesus ist nicht nur theologische Figur, sondern leiblich wahrnehmbarer Mensch, in dessen Gestalt Gottes Liebe konkretes Erleben wird.
- Durch seine Verletzlichkeit, Berührbarkeit und menschliche Präsenz lädt er ein, Gott mit unseren Sinnen zu erkennen – sichtbar (Krippe), hörbar (Weihnachtsliturgie), tastbar (Fleisch gewordener Logos)
- Benedikts Predigt ordnet die Inkarnation als zentralen Akt sinnlicher Offenbarung ein: Gott missachtet nicht das Leibliche, sondern wählt es als Medium heiligster Begegnung.
Das Thema ist nicht neu, nur geht es wohl unter in den angeblich wichtigeren Themen der Kirche
In den Zeiten von Social Media wird die Welt wieder eingeschränkt erfahren: Die Kommunikation wird auf die Sinneserfahrungen Sehen und Hören reduziert. Mit dieser Reduktion wird, wie heute deutlich sichtbar, Lügen, täuschungen, aber auch Fehlinterpretationen Tür und Tor geöffnet. Der durchaus katholische Grundsatz "Lbene mit allen Sinnen" bietet damit gerade in der aktuellen Kommunikationslandschaft ein wichtiges, aber auch attraktives Korrektiv.
Das Projekt "Sinnlich katholisch" soll diese Themen aufgreifen und eine Plattform bieten für zukünftige kirchliche Arbeit: Eine "Theologie der Kommunikation", in der eine "Theologie der Sinnlichkeit" zwangsläufig eingebettet ist, würde neue Ansätze in allen Bereichen der Theologie wie auch des bewußten Lebens im katholischen Glauben bedeuten. Bewußt sinnlich sein bedeutet für die Katholische Kirche aber auch, neu attraktiv zu sein für die mehr und mehr gottesfernen Menschen in der säkularen Welt.
Teile des Projektes sollen neben der entsprechenden Publikation mit grundlegenden Überlegungen auch Social Media Plattformen sein. Anregen zum Nachdenken über die sinnliche katholische Kirche, bewußt sinnlich katholisch sein und danach leben, das ist der Wunsch, aus dem das Projekt entsteht. Der erste Schritt ist dabei noch nicht gegangen, die Wege noch unbekannt. Machen wir uns gemeinsam auf den Weg und entdecken eine neue Sinnlichkeit, mit dem sinnlichen Christus auf dem Weg zu Gott.
Zu weiterem soll in der nächsten Zeit eine Webseite mit Blog zum Thema "Sinnlich katholisch" als Diskussionsplattform eingereichtet werden. Was daraus entsteht? Mal sehen...
Zunächst freue ich mich über jeden, der mit mir in Konatkt tritt, Beiträge zum Thema und in die Diskussion einbringt: kreativ_as@web.de